Michael Goldgruber

Talschluss

Michael Goldgruber, Talschluss, 2020

Die rund zehn Meter lange Wandinstallation zeigt Aufnahmen des Gepatschferner. Südlich oberhalb des Kaunertals gelegen, ist er der zweitgrößte Gletscher Österreichs und einer der am schnellsten schmelzenden. Innerhalb von zehn Jahren schrumpfte die Gletscherzunge um 700 Meter. Talschluss (2020) ist aus 420 einzeln an die Wand montierten Aufnahmen zusammengesetzt, die der Künstler aus der Hand von einem Standpunkt aus fotografierte. Auf den ersten Blick eröffnet sich ein Panorama der Gletscherregion, geht man jedoch näher heran, stellen sich perspektivische Irritationen ein, werden geometrische Verzerrungen, Doppelungen und Leerstellen sichtbar. Im Kontrast zu klassischen Landschaftspanoramen mit ihren idealisierten Naturbildern gibt es keinen Horizont, die Größenverhältnisse bleiben unklar, die Eis- und Gesteinsformationen füllen das Bild zur Gänze aus. Die alpine Landschaft wird zum Akteur – sie bröckelt, schmilzt, wandelt sich. Wie sich die Landschaft durch die Eisschmelze aufzulösen scheint, zerfällt auch das Panorama. Die Fragilität des ökologischen Zusammenspiels wird hier deutlich spürbar und hinterlässt ein Gefühl von Unbehagen und der Irritation.

Michael Goldgruber, geboren 1965, lebt in der Steiermark.


Gletscherschmelze

Gebirgsgletscher kommen weltweit je nach Topografie und Klima in den unterschiedlichsten Größen und Formen vor: von wenige hundert Meter großen Kar- und Hängegletschern über mehrere Kilometer lange alpine Talgletscher (wie der österreichische Gepatschferner mit knapp 8 km Länge) bis hin zu den Auslassgletschern der Antarktis und Grönlands wie dem Lambertgletscher (mit 400 km Länge).

Im Vergleich zu den großen kontinentalen Eisschilden (98,5 Prozent des globalen Eisvolumens) und dem Meereis (0,3 Prozent) hat die Existenz von Gebirgsgletschern mit einer weltweiten Ausdehnung von 760 000 km² (0,2 Prozent) deutlich schwächere Auswirkungen auf das globale Klima. Ihr Beitrag zum Meeresspiegelanstieg wird allerdings mit bis zu 16 cm bis zum Jahr 2100 erheblich sein.

Der Alpenraum ist von der Klimaerwärmung besonders betroffen: Hier liegt der Temperaturzuwachs mit rund 2°C etwa doppelt so hoch wie im globalen Mittel. Verantwortlich dafür ist einerseits, dass sich die Luft über Landflächen generell rascher erwärmt als über Ozeanen, andererseits wird als mögliche Ursache die Nordwärtsverlagerung des subtropischen Hochdruckgürtels diskutiert. Innerhalb von Österreich verläuft der Temperaturanstieg relativ homogen, d. h. die Temperatur ist sowohl auf dem Sonnblick (3 100 m Seehöhe) wie auch in Wien bereits jetzt um über 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau gestiegen. Ein weiterer Temperaturanstieg von 1 bis 2°C bis zur Mitte dieses Jahrhunderts ist zu erwarten. Das globale Zwei-Grad-Ziel könnte für Österreich einen Anstieg von beinahe 4°C bedeuten.

Quellen

  • Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), Gebirgsgletscher: Pasterze und Co im Rückzug.
  • Umweltbundesamt GmbH (Hg.), Klimaschutzbericht 2019.


Artist Portrait

„Ein Landschaftsbild ist immer irgendwie politisch und ein Propagandamittel. Ganz egal, ob es für die Tourismuswirtschaft ist oder um politische Strömungen zu untermauern.“
Michael Goldgruber, Künstler

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